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Der Weg zu dir

Kapitel 13: "Ich liebe dich"
von

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Verschwundenes Kichern

„Lasst das Festmahl beginnen!“, rief der Chefgnom. Wir saßen in einem großen Saal. An den Wänden hingen viele Fackeln, Teppiche und Goldfiguren. Ein langer Tisch war in der Mitte aufgestellt und rundherum kleine Stühle. Verdammt, waren Gnome klein…

Mit den Worten des Obergnoms kamen kleine Gnomdamen in den Saal marschiert. Jede von ihnen trug eine große Platte, auf der vermutlich etwas Essbares war, diese waren jedoch mit einem Deckel zugedeckt. „Yohohoho! Ein Festmahl! Nur für uns, Zorro!“, freute sich Brook neben mir. Auf dem kleinen Stuhl sah er noch viel größer aus. Seine Knie erreichten seine nicht vorhandenen Ohren. Auch ich saß sehr unbequem auf dem kleinen Stuhl. „Die wollen uns nur erpressen“, brummte ich.

Mit einem Klatschen wurden die Deckel angehoben und gaben den Blick auf das Festmahl frei. Mir drehte sich der Magen um, als ich fette, noch lebende Würmer und Insekten auf den Platten erblickte. Brook‘s Kinnlade klappte nach unten. „Lasst es euch schmecken! Ihr müsst schließlich zu Kräften kommen, wenn ihr den Zauber wirken wollt“, lachte der Chefgnom und nahm sich eine Hand voll Würmern, die er sich auch gleich in den Mund schob. „Was ist?“ Er sah uns fragend an, als Brook und ich uns die Hand vor dem Mund hielten. „Das sind die besten Zutaten dieser Gegend! Sie bringen euch viel Kraft! Greift zu!“, meinte er weiter und nahm ein dickes Insekt in die Hand. Er biss hinein und man hörte es laut knacken. „Sehr knusprig! Lecker!“

„Ich glaube, ich habe Magenschmerzen“, flüsterte Brook mir zu. „Ich auch“, sagte ich nickend. „Habt ihr noch etwas anderes zum Essen?“ Wir waren den halben Tag unterwegs gewesen und mein Magen hing mir schon in den Kniekehlen. Ich musste irgendetwas zwischen die Zähne kriegen. Alles außer diesen Viechern! „Oje, seid ihr etwa Vegetarier?“, fragte der Obergnom ungläubig. „Nun gut, ich denke, Salat ist noch da.“

Nach einer Weile kamen zwei Gnomfrauen und brachten uns je einen Teller Salat. Der sah wenigstens etwas appetitlicher aus als der Rest auf dem Tisch. „Zufrieden?“, erkundigte sich der Chef und ich nickte. Brook stocherte mit der kleinen Gabel im Salat herum, um wirklich sicher zu gehen, ob da nicht doch noch etwas krabbelte. Als er nichts entdeckt hatte, stach er beherzt in ein Salatblatt und schob es sich in den Mund.

Nachdem wir auch endlich gegessen hatten, ging es nun ums Geschäft. „Wie fängt man denn nun einen Dämon?“, fragte ich. „Hm…gut, dass du fragst“, sagte der Chef und klatschte in die Hände. Ein Gnom brachte ein Gefäß, das einer Vase glich. Es hatte auch einen Deckel. Darin konnte man einen Dämon sperren? Okay…

„Wie ihr sehen könnt, steht etwas auf der Vase geschrieben. Wir müssen nur das Teufelsweib in einen Hinterhalt locken, K.O. schlagen und den Spruch aufsagen. Damit wird sie in das Gefäß verbannt und kommt nicht mehr raus!“, erklärte der Chef stolz. Wenn er das so sagte, klang es verdammt einfach, aber so wie ich mein Glück kannte, würde es nicht so leicht werden. „Ist das alles?“, hakte ich nach. „Ja, das ist alles!“, sagte er grinsend. Brook sah mich besorgt an. „Ähm, Zorro? Ich glaube nicht, dass ich diese Aufgabe übernehmen kann“, sagte er leise. „Wie du sicherlich weißt, bin ich ein Skelett und Energie fließt wohl nicht so stark durch Knochen, sondern eher durch Muskeln und Nerven und Adern…“ „Ich mache das schon“, seufzte ich, doch Brook’s Blick blieb gleich. „Mach dir keine Sorgen. Ich habe einen Plan, wie wir die Dämonin erledigen.“

Die fünf Gnome, die wir gerettet hatten, führten Brook und mich durch die Gänge. „Sagt mal, wie kommt es, dass so kleine Wesen wie ihr große Felsbrocken bewegen können?“, fragte ich sie. „Das ist Magie!“, lachte einer von ihnen. „Von Geburt an sind wir fest mit der Erde verbunden, so können wir ungeheure Kräfte entwickeln!“ Das klang sehr gut. Sie konnten uns helfen, die Dämonin in den Hinterhalt zu locken. Vielleicht würde es ja doch einfach werden. „Wie sieht eigentlich dein Plan aus, Zorro?“, fragte nun Brook.

„Mein Plan sieht so aus“, begann ich. „Wir brauchen die Hilfe von euch Gnomen, um die Dämonin in den Hinterhalt zu locken. Wenn ihr die Bäume wieder so verschiebt, dass es keinen Ausweg gibt, haben wir sie schon mal dort, wo wir sie haben wollen.“ Die Gnome nickten. „Dann kommst du ins Spiel, Brook. Du musst eine Melodie spielen, die der Dämonin die Kraft raubt. Sie sollte am besten gelähmt sein. Schaffst du das?“, fragte ich Brook. „Yohohoho! Natürlich! Eine meiner leichtesten Übungen. Ich habe schon eine wunderbare Melodie im Kopf!“, sprudelte das Skelett begeistert aus sich heraus. Perfekt. Es konnte also nichts schiefgehen! Ich begutachtete noch einmal die Vase in meiner Hand. Sie war dunkelblau und türkis, mit goldener Schrift waren Worte auf ihr geschrieben.
 

Setsieg sed Neman mi negnis eis ssad os, thcam hcilkcülg Eredna dnu trabneffo Elees renies Sinmieheg sad Neredna ned sad, thcirbrovreh Elees nehcilhcsnem red Nrenni med sua sad, Thcil sad tsi Thcil erhaw sad.

(Das wahre Licht ist das Licht, das aus dem Innern der menschlichen Seele hervorbricht, das den Anderen das Geheimnis seiner Seele offenbart und Andere glücklich macht, so dass sie singen im Namen des Geistes.

Khalil Gibran, Sämtliche Werke)
 

Wenn das mal gut ging…dieser Zauber würde wohl sehr viel Kraft kosten. Ein Gnom konnte das wahrscheinlich nicht überleben, obwohl sie mit der Erde verbunden waren. Hielt mein Körper das aus? Hofften wir es einfach mal.

Wir erreichten den Ausgang der Höhle. Einzelne Sonnenstrahlen erreichten ihren Weg durch das dichte Blätterwerk der Bäume. Es war scheinbar schon Nachmittag, kurz vor Sonnenuntergang. „Jetzt müssen wir nur noch das Mädel finden“, meinte ein Gnom. Einfacher gesagt als getan.

Wir wanderten durch den Wald. Hier und da wackelte es in Büschen, Vögel zwitscherten in den Ästen und Mäuse huschten an unseren Füßen vorbei. Keine Spur vom Dämon. Brook seufzte hinter mir. Er schien keine Lust mehr auf das Wandern zu haben. Auch meine Beine hatten die Nase gestrichen voll von dem unebenen Walduntergrund. Die Gnome trotteten vor mir her und ließen sich nichts anmerken. „Könnt ihr sie nicht irgendwie aufspüren?“, fragte ich seufzend. „Wir sind keine Spürhunde“, keifte einer der Gnome. Hauptsache, sie waren mit der Erde verbunden, klar…

Es wurde wieder dunkler im Wald, die Sonne war wohl schon fast komplett untergegangen. Langsam musste sie sich doch zeigen! Ich hörte wieder das Kichern und blieb stehen. Aus welcher Richtung kam es? „Was hast du, Zorro?“, fragte Brook. „Da war wieder das Kichern“, antwortete ich und sah mich um. Das Kichern wurde immer lauter und lauter. Sie kam also näher. Die Gnome versammelten sich um meine Beine, Brook zog seine Geige hervor. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Irgendetwas war anders…

Plötzlich sprang die Dämonin aus dem Busch hinter uns hervor. Sie war noch größer als vorher. „Oh nein, sie hat schon wieder jemanden gegessen! Die ist ja inzwischen riesig!“, kreischte ein Gnom und versteckte sich hinter meinen Beinen. Zusammengekauert hockte er da. „Dämonen werden also größer, wenn sie gefressen haben“, stellte ich fest. Super, da hatte sie wohl einiges verspeist. Sie war viel größer als ich! „Sie darf nicht entkommen! Lasst die Bäume einen Kreis um uns bilden!“, befahl ich den Gnomen und zog zwei Schwerter. „Bereit, Brook?“ „Yohohoho! Natürlich, mein Vize-Käpt’n!“, lachte Brook und begann, auf der Geige zu spielen. Auch die Bäume setzten sich in Bewegung. Von den ganzen Bäumen eingekesselt fauchte die Dämonin wütend und versuchte, sie mit ihren Sicheln zu zerschneiden. Dank den Gnomen hielten die Pflanzen stand. Völlig außer sich stürmte sie auf uns zu. Ihre Sicheln prallten auf meine Schwerter, ein unangenehmes Vibrieren lief durch die Klingen in meine Arme. Sie war verdammt stark! „Brook! Dauert es noch lange?“, schrie ich. „Sie scheint sehr viel Kraft zu haben. Ich sollte ein anderes Lied ausprobieren“, meinte das Skelett völlig ruhig und ließ eine andere Melodie erklingen.

Während Brook seelenruhig antwortete, holte die Dämonin immer wieder mit ihren Sicheln aus. Die Gnome waren erschrocken von mir weggesprungen und zu den Bäumen geflohen. Ich parierte weiterhin die Angriffe und wich weiter zurück. Mir blieb keine Gelegenheit, zurückzuschlagen, sie war einfach zu schnell. Brook’s Musik erklang im Kreis der Bäume, doch es schien keine Wirkung auf den Dämon zu haben. Sie schlug mit der gleichen Stärke zu wie vorher.

„Hast du noch ein anderes Lied?“, rief ich Brook zu. Langsam wurde es wirklich zu bunt. Ich konnte den Afromann nicht sehen, da die Dämonin den Blick auf ihn versperrte. Ich musste sie angreifen, damit ich mich etwas erholen konnte. Ich kreuzte meine Klingen, als sie ausholte, und schnitt durch sie hindurch. Völlig perplex schaute mich die Dämonin an und fauchte erneut. Ein tiefer Schnitt war auf ihrem Oberkörper und sie schien sich nicht mehr bewegen zu können. Erst jetzt bemerkte ich, dass sich die Musik verändert hatte. Sie klang sehr nach Mozarts Totenmesse und jagte mir eine Gänsehaut über den Körper.

„Los, jetzt, Zorro!“, rief ein Gnom. „Wir haben das Gefäß schon hingestellt. Du musst nur noch die Worte lesen!“ Ich nickte und lief zu dem Gefäß. „Öffne den Deckel!“, rief ein anderer Gnom. „Beeil dich, Zorro!“ Hauptsache, sie konnten rumkommandieren. Ich las die Worte: „Setsieg sed Neman mi negnis eis ssad os, thcam hcilkcülg Eredna dnu trabneffo Elees renies Sinmieheg sad Neredna ned sad“, brachte ich noch ohne Probleme hervor. Mit jedem Wort merkte ich, wie mein Körper anfing zu zittern, meine Muskeln brannten und mir stockte fast der Atem. „Mach weiter!“, riefen die Gnome verzweifelt. Die Vase leuchtete inzwischen auf, die Dämonin fauchte, als litte sie unter Schmerzen. Brook spielte weiterhin die Melodie. „thcirbrovreh Elees nehcilhcsnem red Nrenni med sua sad, Thcil sad tsi Thcil erhaw sad.“ Die letzten Worte brannten in meiner Kehle. Ich war, ohne es zu merken, auf die Knie gefallen. Die Dämonin schrie gequält auf. Die Vase leuchtete noch heller und schien sie einzusaugen. Die Gnome beobachteten gespannt das Spektakel. Auch Brook hatte aufgehört, auf seiner Geige zu spielen.

Mit einem leisen „Plopp“ war die Dämonin in der Vase verschwunden. Ich setzte den Deckel wieder auf und ließ mich nach hinten fallen. Die Wurzeln waren etwas unbequem. „Du hast es geschafft!“, riefen die Gnome überglücklich und hüpften um meinen Kopf herum. „He, lebst du noch?“, fragte einer von ihnen. „Das werde ich nie wieder tun!“, krächzte ich. Meine Stimme war so gut wie weg. „Yohohoho! Jetzt können wir endlich aus dem Wald“, lachte Brook. „Bringt ihr uns jetzt hier raus?“ „Natürlich, ihr habt uns schließlich auch geholfen!“, flöteten die Gnome. Endlich raus aus diesem kranken Wald! Brook würde wohl die Unterhaltungen führen müssen und das tat er auch.

„Kommt der Dämon denn auch wieder aus dem Gefäß heraus?“, fragte er die Gnome. Wir gingen wieder durch den Wald, in dem es schon ziemlich dunkel geworden war. Ich trottete hinter ihnen her. „Nur, wenn man den Deckel öffnet“, antwortete ein Gnom. „Hoffentlich tut das niemand, sonst hätten wir wieder jede Menge Ärger!“ Bei ihrem hohen Intelligenzquotienten würde es mich nicht wundern, dass einer von ihnen doch den Deckel öffnen würde. Hoffentlich würden sie das auch erst tun, wenn wir weit weg von dieser verdammten Insel wären.

Endlich erreichten wir den Waldrand. „Wenn ihr diesem Weg folgt, kommt ihr in eine kleine alte Ruinenstadt. Dort leben Menschen“, sagte ein Gnom. „Juhu, hast du gehört? Endlich wieder Menschen!“, freute sich Brook und sah mich freudestrahlend an, wie auch immer er das schaffte. Ich nickte nur. Ich war zu müde, um überhaupt noch zu reagieren. „Vielen Dank noch einmal! Ihr habt uns wirklich sehr geholfen! Jetzt sind wir wieder sicher in unserem Wald!“, sagte ein anderer Gnom. Ich nickte erneut und Brook sprach: „Das war nicht der Rede wert. Wir haben euch gerne geholfen, schließlich sind wir Dank euch wieder aus dem Wald draußen.“ Wir verabschiedeten uns von ihnen und machten uns auf den Weg in die Ruinenstadt, von der die Gnome gesprochen hatten.

„Wir sollten schauen, wo wir einen Schlafplatz finden“, meinte Brook. Zum Glück wusste er, was ich dachte. Die Stadt sah auch in der Dunkelheit nicht einladend aus. Es waren kaum Lichter vorhanden und so irrten wir durch die dunklen Straßen. Ich hörte Schritte hinter uns, also blieb ich stehen. „Was hast du?“, fragte Brook. Er drehte sich um, als ich nach hinten zeigte. Ein kleines Mädchen stand hinter uns. „Ihr solltet hier nicht herumirren“, sagte sie ängstlich. „Kommt mit! Sonst kommen wieder die bösen Männer!“ Sie nahm uns an der Hand und führte uns durch eine Seitenstraße in ein heruntergekommenes Haus. Auf dem Boden lagen Decken und Kissen, auf denen einige andere Kinder schliefen. Was war denn hier los?

„Ihr könnt über Nacht hier bleiben“, sagte sie leise. „Das ist sehr freundlich, danke“, bedankte sich Brook. Wenigstens hatten wir schon einmal einen Schlafplatz. Sobald ich wieder fit war, würde ich mir Gedanken um das alles hier machen. Jetzt wollte ich nur schlafen und hoffen, nie wieder einen Hokuspokus sprechen zu müssen.



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